Tips und Hinweise zur Kultur der Weinrebe (Urform: Vitis silvestris).
Bis vor einigen Jahren hatte ich Garage, Terrasse und Zäune mit Wein begrünt. Davon wird im folgenden berichtet.

 
   
Rote Sorte
Namentlich unbestimmte rotfrüchtige Sorte mit vielen kleinen Beeren in bis zu 200 g schweren Trauben. Richtige "Weintraube" zur Most- u. Weingewinnung, nicht als Tafeltraube geeignet. Lebhaft glänzende hell- bis mittelgrüne Blätter von mittlerer Größe bei starker Zähnung.

Winterharte Auslese
1976 vermehrte ich im über 30 Sorten (Frosthärte-Testung) aus dem Weihenstephaner Weingarten und schulte einen Teil der Pflanzen im elterlichen Garten im rauhen Klima am Rande des Westerwaldes aus; die hier angebotene Sorte blieb nach vielen Jahren von allen weißen und roten Sorten als einzige übrig. Sie erweist sich auch seit 1984 im milden Klima des Niederrheins in Straelen als überaus kulturwürdig und völlig winterhart.

Foto links: Weinstock am Haus während des Winters

   

Eignung
Die Sorte eignet sich vorzüglich als Begrüner von Wänden und Pergolen und bietet einen hervorragenden Sicht- und Sonnenschutz in den Sommermonaten. Hat die Jungpflanze erst einmal richtig Fuß gefaßt, so werden schon im 2. Standjahr Trieblängen (bei Entfernen der Nebentriebe) von bis zu 4 m und später 6 m jährlich als Zuwachs erreicht. Dieser Vitalität kann ganzjährig durch mehrmaliges strenges Einkürzen der Seitentriebe entgegen gewirkt werden ohne daß der optisch gute Eindruck im Garten oder am Haus leidet. Sind die klimatischen Voraussetzungen mit hohen Temperaturen im Sommer gegeben und werden die Beeren nicht von Amseln und Tauben (Schutznetz!) gefressen, kann ein sehr süßer Most (zum Beispiel 1993: 115 ° Öchsle = ca. 260 g Zucker/l, Auslese-Qualität) gelesen und unter Umständen auch zu einem ganz speziellen Tropfen vergoren werden.

 Merkmale und Vorzüge
Die Sorte zeigt erst beim Laubfall im späten Oktober kleine Ansätze des gefürchteten echtem Mehltaus (Oidium), der besonders in den heißen und trockenen Sommermonaten bei besonders an weißen Sorten unansehnlichen Totalbefall hervorruft. Auch andere Krankheiten wie falscher Mehltau (Peronospora), roter Brenner und Botrytis (allenfalls an überreifen Beeren) spielen hier in Straelen keine Rolle; ebenso wurden keine tierischen Schädlinge beobachtet. Daher war bisher kein Pflanzenschutzmitteleinsatz notwendig.

 Standort
Je wärmer und sonniger der Standort, desto optimaler entwickelt sich jede Weinrebe. Daher sind nach Süden bis Südwesten gerichtete Pflanzungen an Mauern und Hauswänden (nächtlicher Wärmespeicher) am besten geeignet, doch sind für eine Begrünung auch alle anderen Himmelsrichtungen möglich. Die Ansprüche an den Boden sind gering; nach dem Anwachsen im "Pflanzloch" gehen die Weinwurzeln viele Meter in die Tiefe und in die Breite, ohne daß andere Pflanzen (Stauden, Sträucher) beeinträchtigt werden.

 Pflanzung
Idealer Pflanztermin ist der November direkt nach dem Roden der Jungpflanze. Schon beim Roden wurden Wurzeln und Haupttriebe zurückgenommen (bitte nicht noch einmal!). Bei längerem Zeitraum zwischen Lieferung und Pflanzung (2 Tage) die Reben einige Stunden in einem Wassereimer nässen. Den Pflanzbereich tief und breit umgraben und gegebenenfalls mit Kompost versorgen. Dann ein gut Wassereimer großes Pflanzloch ausheben und die Weinpflanze ca. 5 cm tiefer als ursprünglich richtig "Einschlämmen" (wie bei Rosen, die wohl jeder schon einmal gepflanzt hat). Für den Winterschutz mit Erde oder Kompost Anhäufeln. Fertig! Der Abstand zu Mauer oder Pergola-Pfosten sollte maximal 25 cm betragen. Der Abstand von Pflanze zu Pflanze bei Reihen-Pflanzungen an Zäunen oder im Freien beträgt je nach Art der Erziehung zwischen 1 und 2 m.

Düngung und Bewässerung
Liegt ein gut versorgter Gartenboden vor, der wie Stauden und Zierpflanzen einmal jährlich im Frühjahr eine geringe Volldüngung mit einem Mehrnährstoffdünger (z.B. Nitrophoska) oder eine Abdeckung mit Kompost erhält, so braucht keine weitere Düngung zu erfolgen. Kritisch wird es erst, wenn beim Austrieb und in den ersten Sommermonaten die Blätter zu hellgrün erscheinen; dann liegt Stickstoffmangel vor; dies habe ich jedoch bisher noch nicht beobachtet. Die Weinrebe mit ihrem riesigen Wurzelsystem erschließt nicht nur die Nährstoffvorräte des Bodens voll auf, sondern findet auch in trockensten Sommermonaten aus tiefsten Bodenschichten Wasser. Daher erübrigt sich eine spezielle "Weinbewässerung" außer an Standorten wie umpflasterte Hof- und Wegeflächen mit nach unten begrenztem Wurzelraum. Meine Beobachtung: Wein rund um das Haus gepflanzt hält Fundamente und Kellerwände trocken!

Schnittmaßnahmen
Meine Empfehlungen basieren auf eigenen Erfahrungen mit der gelieferten "roten Sorte". Im ersten Frühjahr nach der Pflanzung wird die Weinrebe je nach dem Grad des Rückfrierens nicht winterfester Triebteile aus ein bis mehreren Augen austreiben. Beläßt man jetzt zum Beispiel alle fünf Jungtriebe ihrem freien Wachstum bis hin zur Schein(Blüten)-Bildung, so bleibt die Pflanze kleinwüchsig und schwach. Werden allerdings nur zwei oder drei Triebe als Haupttriebe belassen und außerdem noch regelmäßig entgeizt (schon bis zu zwei cm lange Seitentriebe und Blütenstände ausbrechen), wachsen diese wenigen Haupttriebe rasant (je nach Klima und Versorgung) und kräftig in die Höhe; diese müssen dann umgehend (siehe unten) fixiert werden. Bei optimalen Bedingungen sind mir nach dieser Methode schon im 1. Standjahr Trieblängen von über 2 m gelungen. Zum Winter werden nach den Blättern auch alle nicht verholzten Triebspitzen abfallen. Im darauf folgenden Frühjahr (2. Standjahr) wird die Rebe aus allen nicht erfrorenen Augen (bis dort zurückschneiden) noch kräftiger austreiben. Man verfahre wie im Vorjahr, nehme von jedem Haupttrieb aber nur den vordersten und kräftigsten Austrieb und leite diesen als Haupttrieb bis zur gewünschten Länge weiter. Alle anderen Nebentriebe sind bis auf fünf Blätter einzukürzen, damit sie nicht das zunächst gewünschte Längenwachstum für die Begrünung beeinträchtigen. Blüten und Früchte in den ersten Jahren schwächen nur das vegetative Wachstum, daher wegnehmen! Zu Beginn des 3. Standjahres wird man nun schon fingerdicke Haupttriebe herangezogen haben, die jetzt rechtzeitig lange vor dem Austrieb etwa Ende Februar nach den letzten tieferen Frösten von allen Nebentrieben glatt beschnitten werden. Im Laufe der Jahre verbastet die Rinde des immer dicker werdenden Haupttriebes. Ziel der Schnittmaßnahmen in den ersten Jahren soll die Bildung eines dauerhaften Grundgerüstes sein, auf das jährlich vor dem Austrieb zurückgeschnitten wird und aus dem sich anschließend einjährige Nebentriebe mit Blättern und Gescheinen (Blüten) entwickeln können.

Befestigung
Ohne Befestigungshilfen können Weinreben trotz Bildung von Ranken keinen Halt an Mauern und Pergolen finden. Rankhilfen (dicker Draht, Clipse, Ösenhaken, flexible Bänder u.a.) müssen angelegt werden, damit die Haupttriebe in die gewünschte Richtung gebracht und die Masse Blätter und Früchte gehalten werden können. Einschnürungen vermeiden!

Ich wünsche Ihnen viel Freude als Winzer oder auch nur als Weinbegrüner!
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